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Schule des Monats: Mädchenrealschule St. Josef Schwandorf

Schwandorf, 25. Juni 2023

In der Rubrik „Schule des Monats“ stellen wird die Mädchenrealschule St. Josef Schwandorf vor. Ihr Leiter, Realschuldirektor Jürgen Moritz, hat dazu beredt Auskunft gegeben:

„Auslöser“ für die Gründung der Schulstiftung

„Mit Herz und behütet“, mit diesen prägnanten Worten präsentiert sich die Mädchenrealschule St. Josef Schwandorf. „Dieser Ausdruck ist so etwas wie unsere Visitenkarte“, sagt Realschuldirektor Moritz, der ihr seit dem Schuljahr 2020/21 als erster männlicher Schulleiter vorsteht. Immerhin war die traditionsreiche Schule der „Auslöser“ (O-Ton J. Moritz) für die Gründung der Schulstiftung der Diözese Regensburg im Jahr 2004. Die Bischof Manfred Müller Schule sowie die Schulen der Englischen Fräulein in Regensburg befanden sich damals bereits in der Trägerschaft des Bistums. Seither hat die renommierte Einrichtung in der mittleren Oberpfalz ihre Bedeutung in der Stadt gehalten und, in vielerlei Hinsicht, durchaus ausgebaut.

© Mädchenrealschule St. Josef Schwandorf
„Mit den Mädchen ein sehr angenehmes Arbeiten“

320 Schülerinnen besuchen heute das Institut, an dem drei Wahlpflichtfächergruppen angeboten werden. Die Eingangsschülerzahlen liegen bei jährlich 50 bis 60, ein klein wenig Luft wäre noch nach oben. Und doch: Angesichts der „Konkurrenz“ am Ort und in der Region ist das bemerkenswert. Der Vorteil der Ausrichtung der Realschule auf Mädchen liegt auf der Hand. „Mit den Mädchen ist es ein sehr angenehmes Arbeiten“, weiß Jürgen Moritz, der zuvor fünf Jahre an einer Knabenrealschule in Waldsassen unterrichtet hatte, bevor er die Verantwortung für „Schwandorf“ übertragen bekam. Er fügt hinzu, ohne nachzudenken: „Ich zähle noch nicht die Jahre. Arbeiten bereitet mir sehr viel Freude.“ Zumal in einem so schönen Umfeld.

34 Lehrer mit jeweils eigenem Hut

Schönes Umfeld? Die Schülerinnen sind „fleißig, hilfsbereit und lernfähig“, hat der Direktor erfahren: „Hier gibt es keinen Vandalismus; damit haben die Schülerinnen nichts am Hut.“ Von einer Insel der Glückseligkeit spricht Schulleiter Moritz sogar –  und: von einem „kleinen, grünen Idyll“ im Herzen Schwandorfs. Die Schule befindet sich rund sechs Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Schülerinnen strömen entsprechend auch aus der Region ein. „Wir haben unsere Schülerinnen ins Herz geschlossen, tun alles für sie – wir sind wie eine Großfamilie“, fährt Moritz in seinen Ausführungen fort, der im Übrigen unweit, einen Steinwurf entfernt, seine Gymnasialzeit absolviert hat. Apropos „Visitenkarte“: Auf einem zentralen Bild zeigen sich so ziemlich alle 34 Lehrer mit jeweils eigenem Hut. Die Botschaft ist klar, hier seien die Schülerinnen „gut behütet“. Der Fürsorglichkeit entsprechend wird von ihnen natürlich auch einiges erwartet. Nicht vergeblich.

Eigenständigkeit der Schülerinnen fördern

So kommt es, dass 40 bis 50 Prozent der Schülerinnen eines Abschlussjahrgangs an die Fachoberschule Schwandorf (FOS) wechseln, die genauso „einen Steinwurf von uns entfernt ist“. Und später? „Viele der Ehemaligen, die im Leben stehen, kommen immer wieder mal vorbei, um eine Unterrichtseinheit mitzugestalten, oder als Referentinnen.“ Bei derlei Gelegenheiten sowie überhaupt ist durchaus zu vernehmen, dass an anderen Lehreinrichtungen, wohin es sie dann „verschlagen“ hat, weniger Familiarität gepflegt wird. Die Erfahrung lautet konkret: „Anderswo sind wir viel mehr auf uns gestellt.“ Das bedeutet allerdings nicht, dass die Mädchenrealschule St. Josef nicht auch die Eigenständigkeit der Schülerinnen fördern wolle. Das eine tun, ohne das andere zu lassen.

Externe Evaluation der Schule 2022/23

Qualität ist für „St. Josef“ äußerst wichtig, sagt Schulleiter Moritz: „Wir haben die Prädikate, zehn an der Zahl, die es jedes Jahr zu rezertifizieren gilt.“ Das prägt den Jahreszyklus der Schulgemeinschaft erheblich mit. Aufs Neue zertifiziert wurde demnach 2022 die „Erziehungsgemeinschaft an Katholischen Schulen“. Erstmals wurde dieses Attribut „rezertifiziert“, drei Jahre zuvor als katholische Schule erstmals erworben. Das Verfahren läuft über das Katholische Schulwerk in Bayern; St. Josef ist außerdem „Umweltschule“, „Digitale Schule“, „MINT-freundliche Schule“, „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ sowie „Barrierefreie Schule“ und trägt der Prädikate noch einige mehr. Interessant: Die externe Evaluation der Schule im Schuljahr 2022/23 legte ein harmonisches Miteinander an den Tag. Laut Evaluationsbericht gibt es seitens der Eltern eine Zustimmung in Höhe von 94 Prozent zu der Aussage, dass wertschätzend miteinander umgegangen wird.

Schulleiter unterrichtet Mathe und Sport

Gewiss steht der Entwicklungsfortgang einer solchen Einrichtung, zumal einer katholisch geprägten und künftig auch zu prägenden, nicht zuletzt in Verbindung mit dem Letztverantwortlichen selbst. „Ich bin gebürtiger Schwandorfer“, sagt Jürgen Moritz, der als Staatsbeamter für ein Jahr an die Mädchenrealschule abgeordnet worden war. Daraus haben sich nicht weniger als zwei Jahrzehnte entwickelt. Selbst unterrichtet er Mathematik und Sport; das sind: zwei Matheklassen und Differenzierter Sport für die Eingangsklassen.

Mit Blick auf das Herz und den Charakter

Worauf es jedoch letztlich ankommt? „Wir versuchen“, fährt der Schulleiter fort, „die Mädchen nicht nur in eine Richtung hin zu bilden, sondern ganzheitlich: nicht nur im und für den Kopf, sondern genauso mit Blick auf das Herz und den Charakter.“ Was aber macht die Gaben, die die Schülerinnen mitbringen, konkret besonders? „Dass man sie nicht für sich allein nutzen will, sondern in den Dienst der Gemeinschaft stellt“, erklärt Schuldirektor Moritz das zugrundeliegende Konzept, das in enger Verbindung mit dem christlichen Menschenbild zu sehen ist: „Wir möchten hier definitiv keine Einzelkämpferinnen erziehen; sondern legen erheblichen Wert auf das Soziale, anderen zu helfen, solidarisch zu sein mit den Schwächeren.“ Ergo kommt es nicht von ungefähr, dass viele Aktionen laufen, „mit denen wir andere unterstützen“. Ganz in diesem Sinne findet im anstehenden Schuljahr „SuS“ statt: „Schüler unterstützen Senioren“. Dabei geht es nicht allein darum, einen Tag gemeinsam zu gestalten, sondern, um nur einen weiteren Punkt dazu aufzuführen, rüstige alte Menschen besuchen die Schule, an der sie als Zeugen ihrer jeweiligen Zeit berichten.

Der Hühnerdienst gibt die Eier im Sekretariat ab

Viele Projekte gibt es, aus denen an dieser Stelle eine kleine Auswahl zur Verdeutlichung der Ansätze genügen soll. Das Schlagwort „Compassion“ etwa prägt die „Projektwoche“. Oder im Sinne der Erhaltung des Schöpfungsgedankens bewegt sich die eingängige Aktion „Rettet das Huhn!“, bei der zu tötende Legehühner übernommen werden: „Es wird versucht, den Bestand weiterzuvermitteln“, auch oder gerade wenn die berechnete „Legetauglichkeit“ nicht mehr gegeben ist. Der sogenannte Hühnerdienst nimmt die Eier im Hühnerstall ab und gibt sie im Sekretariat ab. „Wildbienenprojekt mit Round Table“ ist Stichwort einer weiteren nicht ganz unmaßgeblichen Aktion. Hiermit zeigt es sich, welcher Stellenwert dem Lernziel zukommt, mit der anvertrauten Schöpfung pfleglich umzugehen. Auch die „Kleiderteilaktion“ fällt in diese Schiene. Und von der „Kleidertauschbörse“ lässt sich viel profitieren.

Waren und Speisen aus fairem Handel in der Pause

Das ganze Jahr über engagiert sich die Mädchenrealschule nachhaltig als Fair Trade-Schule. Durch verschiedene Fair-Trade-Aktionen werden Schülerinnen sensibilisiert für die Situation von benachteiligten Mitmenschen sowie für fairen Handel. Die Palette reicht von fair produzierten Begrüßungsgeschenken für die 5. Klassen über den Verkauf von Waren und Speisen aus fairem Handel in der Pause und bei schulischen Veranstaltungen bis hin zur Auseinandersetzung mit den Themen Schokowelten, Fair Trade, Fast Fashion bzw. Fair Fashion im Geographie-Projektunterricht sowie in der Projektwoche „Schule fürs Leben“. Hinzu kommt die Beschäftigung mit der Problematik der Kinderarbeit im globalen Süden.

Oberpfalzhalle angemietet und proppenvoll

Über alldem ist es einsichtig und bestens nachzuvollziehen, dass die Mädchenrealschule St. Josef in der Gesellschaft Schwandorfs verankert ist. „Unsere Schule hat einen sehr guten Ruf. Mit Stadt und Landkreis gibt es ja eine sehr gute und bewährte Zusammenarbeit über Jahrzehnte“, weiß Moritz – wofür nicht zuletzt die musisch-künstlerische Umrahmung des Seniorenempfangs im Landratsamt sowie der „Dialog der Generationen“ in Kooperation mit der Seniorenfachstelle des Landkreises seit bereits 25 Jahren stehen. In diesem Jahr wurde die Schule dafür eigens ausgezeichnet. Selbst der Oberbürgermeister lässt es sich regelmäßig nicht nehmen zu betonen, ohne dass er den Sachaufwandsträger repräsentieren würde: „Die Mädchenrealschule ist meine MRS.“ Dass die Einrichtung generationenübergreifend wirkt – also nicht selten Großmutter und Mutter Schülerinnen waren – bräuchte nicht eigens erwähnt zu werden. Es zeigt sich aber bei den Schulfeiern („Adventszauber und Frühlingskonzert sind unsere zwei großen Highlights“), dass immer wieder Mutter und Großmutter mitkommen. Dann wird die Oberpfalzhalle angemietet, welche bei dieser Gelegenheit proppenvoll ist. Mit schöner Regelmäßigkeit rufen „ganz viele Unternehmen“ an – und das mit dem Wunsch: „Habt‘s Ihr nicht jemanden? Bei Euch kann ich mich drauf verlassen, dass ich einen guten Lehrling bekomme.“

„Bei uns ist immer ganz, ganz viel los“

Der religiöse Aspekt ist sehr ausgeprägt vorhanden. Ihm kommt eine – O-Ton Moritz – „ganz große Rolle“ zu. Gleichzeitig sei man ein offenes Haus: „Zu uns darf jedes Mädchen kommen, egal welcher Konfession. Wenn eine Schülerin ohne Konfession zu uns übertritt, hat sie sich entweder für den evangelischen oder den katholischen Religionsunterricht zu entscheiden.“ Auch ist es mehr als nur eine Selbstverständlichkeit, dass die Schule Beichtgelegenheiten anbietet, und zwar in Zusammenarbeit mit dem Pfarrer der Stadtpfarrkirche St. Jakob und dem Kloster der Passionisten Schwarzenfeld. Letztens hat der Elternbeirat die „große Wanderkerze“ gestiftet; sie wandert jede Woche in eine andere Klasse. In der ersten Stunde am Montag ist sie jeweils in einer Klasse, und auch der Klassleiter ist dann dabei. Es gibt, rückgreifend auf den Marchtaler Plan, den Morgenkreis, in dessen Rahmen die Kerze „feierlich-religiös übergeben“ wird. Während unseres Gesprächs fasst Schulleiter Moritz zusammen: „Bei uns ist immer ganz, ganz viel los.“ Das kann man so sagen, denkt man allein an die erhebliche Anzahl an Themen und Projekten, die durchgeführt werden: „Braunkohleabbau“ („Entwicklung Steinbergs von der Bergbaugemeinde zur Industriegemeinde“), ein Projekt, für das die Schule im Juli im Bayerischen Landtag geehrt wird; oder ein Thema ist ebenfalls „WAA in Wackersdorf – Eine Frage des Gewissens – Erzähl mir deine Geschichte“. Und die Fachschaft Geographie geht auf den Spargelhof, um eigenhändig Spargel zu stechen. Von den Kontakten zu und Anrufen von maßgeblichen industriellen Firmen der Region war bereits die Rede.

Zu Besuch beim Schulretter Kardinal Müller

Die Schule trägt eine eigene historische Identität. Mit Fug und Recht lässt sich ihre Geschichte als einigermaßen bewegt bezeichnen: 1913 hatten die Niederviehbacher Dominikanerinnen den Plan, ein Filialkloster mit Schule zu errichten. 1916 erfolgten die Grundsteinlegung, Einweihung, Gründung und Eröffnung von Kirche, Kloster und Schule. Schon 1919 waren Schäden am Kloster- und Schulgebäude sowie an der Klosterkirche zu beheben. Und wieder, 1945, wurden Teile des Kloster- und Schulgebäudes (70 Prozent!) beim Bombenangriff auf Schwandorf zerstört. Bemerkenswerterweise blieben Klosterkirche und Altar nahezu unversehrt. 1947 sodann erfolgte der Beschluss zum Neuanfang bzw. Wiederaufbau, was zur Wiedereröffnung als dreistufige Mädchenmittelschule führte. Es war im Jahre 1998, dass Frau Marlies Hoffmann als erste weltliche Schulleiterin die Leitung der Mädchenrealschule übernahm. Im Jahr 2002 allerdings machte dann die „Schreckensnachricht“ (O-Ton) die Runde, wonach sich der Orden der Dominikanerinnen aus Schwandorf zurückziehen wollte und die Schule aus finanziellen und personellen Gründen geschlossen werden sollte. Nach einer beispiellosen Rettungsaktion (Bittandacht im Dom zu Regensburg, Schweigedemonstrationen in Regensburg und Schwandorf, Protestkundgebungen, friedliche Schulhausbesetzung, Sammelaktionen … ) übernahm die Diözese Regensburg im Jahr 2003 unter Bischof Dr. Gerhard Ludwig Müller, der als „Retter der Schule“ in die Schulgeschichte einging, die Mädchenrealschule, was mit der Gründung der Schulstiftung 2004 einherging. Und 2004 erhielt die Einrichtung den Namen „Mädchenrealschule St. Josef der Schulstiftung der Diözese Regensburg“. Von 2004 bis 2007 erfolgten die Errichtung des Neubaus samt Grundsteinlegung – und das bereits im November 2004 – sowie die Generalsanierung des Altbaus und die Kirchensanierung. 2007 waren die Arbeiten abgeschlossen. Zur Feier der 100 Jahre Mädchenrealschule begab sich die Schulfamilie geschlossen nach Rom, Papstaudienz und Pontifikalgottesdienst mit Kardinal Müller inklusive.

Und heute? „Es ist toll, Ihr macht‘s Euch so viel Mühe. Zu Euch geht man gern“, sagen wiederholt Eltern mehrerer Kinder, die teils andere Schulen besuchen. Jürgen Moritz stellt dazu fest: „Ein größeres Kompliment gibt es nicht.“

Text: Prof. Dr. Veit Neumann, Bilder: MRS St. Josef Schwandorf